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Musikkassette, CD Brenner, Internet, Privatkopie - Fakten über die die Industrie nicht gerne spricht
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Geschrieben von Tobias Heinz   
Tuesday, 16 September 2003

In der Diskussion um das neue Urheberrecht muten die Stellungnahmen der Verwerter stellenweise paranoid an. Die Musikindustrie verkündete mit jedem Quartal neue Rekord-Umsatzeinbußen beim Audio-CD Verkauf und die Massenmedien, von Spezialzeitschriften für Musiker bis hin zur Tagesschau um 20.00 Uhr im Ersten, verkünden, daß Tauschbörsen und das Internet Musik jeder Art für jedermann jederzeit verfügbar gemacht hätten, dadurch die Musikindustrie zugrundegerichtet hätten und vermittelten den Eindruck, als würde in jedem Abspielgerät nur noch aus dem Internet kopierte oder mit CD Brennern gebrannte Tonträger dudeln.

Was in der ganzen Diskussion vermißt werden muß, sind tatsächliche Zahlen und Fakten, die es erlauben würden, sich ein sachliches Bild über die Verbreitung, das Ausmaß und die Auswirkungen der verfügbaren neuen Technologien zu machen. Nur auf der Basis von Zahlen ist es möglich, zu entscheiden, ob es sich bei den neuen computergestützten Technologien wirklich um ein fundamental verschiedenes Phänomen handelt, das gesondert und besonders gesetzlich behandelt werden muß.

1) Ausmaß des Kopierens auf CD

2002 wurden in Deutschland insgesamt 259 Millionen Rohlinge verkauft. Nach Aussage der Musikindustrie wurden davon ca. 30 % für das Kopieren von Musik und Medien verwendet. Das wären dann also 77.700.000 Rohlinge, auf die Musik kopiert worden wäre. Allerdings: Davon muß man die durch die Industrie angegebene Fehlerquote abziehen, denn im Gegensatz zu einer Musikkassette ist ein normaler CD Rohling nur einmal bespielbar - und wenn das Aufnahmegerät einen technischen Fehler auf dem Rohling produziert, ist der nicht mehr verwertbar.

Die Industrie gibt an, daß bei mindestens zwei von zehn Rohlingen der Schreibvorgang fehlschlägt. Beim reinen Kopieren liegt diese Fehlerrate meist noch höher, was unter anderem dazu führt, daß die kommunalen Abfallverwerter heute ein separates CD Recycling anbieten müssen. Nach Abzug also der mindestens 20% die durch die Gerätehersteller angegeben werden, bleiben also noch 62.160.000 Rohlinge, die erfolgreich mit Musik bespielt wurden.

Bei einer mittleren Spieldauer von 72 Minuten = 1,2 Stunden pro Rohling ergibt das also 74.592.000 Stunden Aufnahmekapazität - Wenn jede CD wirklich voll bespielt wird. Denn auch hier gibt es einen Unterschied: während die Musikkassette jederzeit später voll bespielt werden kann, sind nur die wenigen multi-session fähigen CD-Rohlinge in der Lage, nach dem ersten Aufnahmevorgang, zu einem späteren Zeitpunkt weitere Daten aufzunehmen, selbst wenn auf dem Rohling erst einige Minuten aufgenommen worden sind. Daher ist eher anzunehmen, daß die auf CD Rohlingen verfügbare Kapazität bei weitem nicht ausgeschöpft wird.Gutachten der TU Berlin - Prof. Dr. Lutterbeck mit etwas anderen Zahlen aber gleichem Ergebnis.

2) Vergleich mit der Audiokassette.

Der Vergleich mit der Audiokassette ist natürlich problematisch, weniger wegen der angeblich geringeren Qualität - ich erinnere mich an Fernsehwerbung für Kassetten, bei denen damit geworben wurde, daß man zwischen der CD und der Kassette keinen Unterschied hören könne - sondern vielmehr, weil die Kassette dem CD Rohling in vieler Hinsicht überlegen ist.

Das hervorstechende Merkmal von Audiokassetten ist, daß man sie immer und immer wieder neu bespielen kann. Also gerade für die Musik, die heute ein Massenvolumen ausmacht, wie z. B. Charthits, welche schon nach wenigen Wochen keiner mehr hören möchte, ist die Kassette viel "gefährlicher" - kann man mit Ihr doch immer und immer wieder neu Musik "stehlen", während die CD einmal gebrannt für immer fixiert ist.

Aber selbst wenn man die Wiederbespielbarkeit von Musikkassetten außer Acht läßt, wie vergleichen die 74.592.000 Stunden CD-Rohling Aufnahmekapazität mit der durch Leerkassetten zur Verfügung gestellten Aufnahmekapazität (Hier die Kalkulation) (Quelle Gema: Aufstellung der GEMA Einkünfte 1988 - 2001)

1988: 155.659.840 Stunden Aufnahmekapazität

1989: 161.257.923 Stunden Aufnahmekapazität

1990: 181.472.630 Stunden Aufnahmekapazität

1991: 190.936.655 Stunden Aufnahmekapazität

Das bedeutet, daß 1991 fast dreimal soviel Musik auf Kassetten überspielt wurde, als heute auf die industriebedrohenden CD Rohlinge!

Selbst wenn man das beim Bespielen von CD-Rohlingen ab und an zur Spielzeitverlängerung eingesetzte verlustbehaftete Verfahren MP3 berücksichtigt, das oft zu sehr deutlichen Qualitätseinbußen führt, wird die Bilanz der aufgezeichneten Musikstunden nicht so weit zugunsten der CD Rohlinge verschoben, daß man sagen könnte: es würde mehr auf CD Rohlinge kopiert als auf Leerkassetten.

- Abgesehen davon erfordert MP3 spezielle Abspielgeräte, ist also nicht mit einer Audio CD oder einer Musikkassette vergleichbar.

3) CD's brennen - Ein Massenphänomen?

Glaubt man der Musikindustrie ist das Brennen einer CD heute kinderleicht. Was also benötigt man für das Brennen (Quelle: Minimale Systemanforderungen von Nero Burning Software)

  • Multimedia PC mindestens Windows 98
  • Monitor
  • mindestens 64 MB Speicher - Pentium Prozessor ...
  • CD-ROM Laufwerk
  • CD-Brenner ...

Ein Blick auf die in der Vergangenheit zahlreich abgedruckten Anleitungen zum Kopieren von CD's zeigt, daß das CD kopieren einen einigermaßen versierten Computerbenutzer erfordert. Vom Aufwand eine CD zu "rippen", zu "encoden", mit ID Tags zu versehen etc. um MP3 Dateien zu erhalten braucht nicht detailliert gesprochen zu werden, daß das eine erhöhte technische Versiertheit erfordert ist ohnehin klar.

CD Recoder, die als HIFI Gerät vom Bedienkomfort und der Einfachheit der Bedienung einem Kassettenrecorder gleichkommen, haben als Produkt keine weite Verbreitung gefunden.

Es ist daher weiterhin schwer zu verstehen, warum das Kopieren von CD's gravierendere Auswirkungen und massenhaftere Konsequenzen haben sollte, als die Kompaktkassette. Im Gegenteil - Kassettenrekorder sind im Gegensatz zu CD Brennern von Kindern, Rentner und Techniklaien zu bedienen und in jedem Haushalt mehrfach vorhanden.

4) CD's halten nicht ewig

Manche erinnern sich evtl. noch an die Diskussionen um die Haltbarkeit von Audio-CD's aus den Anfangstagen der CD-Verbreitung. Damals wurden sogar CD's angeboten, deren tontragende Schicht aus purem Gold war.

Bei den Audio-CD's der ersten Stunde wurden die ersten zerfallenden CD's nach ca. 12-15 Jahren festgestellt (siehe auch http://www.ew-tech-hh.de/seiten/cdaudio.html und die eigene Erfahrung veröffentlicht hier) - davon sind viele CD's heute nicht mehr auf dem Markt erhältlich und nicht wiederbeschaffbar. Ohne eine Kopie gibt es also keine Chance mehr, die damals erworbene und evtl. liebgewonnene Musik weiter zu genießen.

Obschon der Preis für neue Audio CD Langspielalben in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen ist, sind die Kosten für die Herstellung einer CD gesunken und die Qualität der verwendeten Rohstoffe ist immer mangelhafter geworden.


Noch gravierender sieht das für CD-Rohlinge aus. Während Musikkassetten erwiesenermaßen noch 30 Jahre nach Kauf fast ohne wesentliche Alterungserscheinungen abspielbar und sogar wiederbespielbar sind, hat das niederländische Computermagazin "PC Active" berichtet, daß drei von 31 getesteten CD-Rohlingen schon nach zwei Jahren deutliche Fehler aufwiesen. In den meisten Fällen garantieren die Hersteller für eine Haltbarkeit der Rohlinge von zehn Jahren.

Wie auch immer die Schätzungen aussehen, ob zwei Jahre, zehn Jahre oder wie die Musikindustrie für industriell produzierte Audio-CD's versichert "mindestens 25 Jahre" - durch chemische Prozesse werden sich ALLE CD's selbst zerstören, denn die feine Aluminium-Reflexionsschicht der CDs reagiert mit Sauerstoff- und Wassermolekülen. Das mit der Zeit entstehende Aluminiumhydroxid ist durchsichtig und sorgt dafür, daß früher oder später die CDs nicht mehr lesbar sind.

Resümee

Die Musikindustrie klagt. Einbrechende Umsätze bei Audio CD's vermiesen den Verwertern die Bilanzen und Renditen. Realistisch ist es zu behaupten, daß man eigentlich ein Hellseher sein müßte, um den genauen Grund oder die Gründe dafür zu kennen. Aber wie hier hoffentlich gezeigt worden ist, ist es eher unwahrscheinlich, daß das Kopieren der Kunden daheim heute mehr als früher dafür verantwortlich ist.

Vielleicht sollte man mal über die folgenden Gründe nachdenken:

  • Im Fußball wird bei ehemals erfolgreichen Mannschaften, die in der Krise stecken, immer von der vernachlässigten Nachwuchsförderung gesprochen. Mir scheint es, als wenn in den letzten Jahren verstärkt auf kurzfristig "gepushte" One-Hit-Wonders gesetzt wurde und die Förderung und Etablierung von neuen, qualitativen Bands mit loyalen Fans verpasst wurde. Vielleicht haben sich die Kunden am ewigen "Bumm Bumm Bumm" sattgehört und können auf die 101. Ähnlich klingende CD eines neuen no-name Acts aus der Retorte verzichten?
  • Wann immer Technologien abgelöst werden, kommt es bei den alten Medien zu einer Absatzdelle, während die neuen Medien noch nicht die notwendige Masse bringen. Als digitale Audiomedien vorgestellt wurden (zunächst auch konkurrierende Systeme für digitales Audio) ging der Absatz von Vinyl Schallplatten zurück. Nachdem der Boom der "Digitalisierung" auf Basis der Audio CD eingesetzt hatte, brachen die Vinyl Umsätze sogar völlig zusammen. Heute sind wir in einer ähnlichen Situation. SACD, Audio DVD und diverse andere Technologien werden die Audio CD ablösen. Eine Zurückhaltung der Kunden beim Kauf der in Kürze völlig veralteten Medien "Audio CD" wäre also eigentlich ein natürlicher Vorgang.

Zuletzt möchte ich noch anmerken, daß die Musikindustrie für unverschämt halte. Es wird immer betont, daß der Hörer nicht den Tonträger erwirbt, sondern nur das Recht den darauf enthaltenen Inhalt zu nutzen.

Trotzdem will weigert sich die Industrie weigern, Sicherungs- und Privatkopien zuzulassen oder kaputte Tonträger zu ersetzen.

Genaugenommen wäre es nur Recht und Billig, wenn die Konsumenten für die Milliarden, die investiert worden sind, um Schallplattensammlungen von Vinyl auf CD umzustellen, entschädigt würden. Über diese besonderen Umsätze hat sich damals die Industrie sehr gefreut und die Summen gerne eingestrichen, die die Konsumenten für den doppelten Erwerb des gleichen Inhalts aufwenden mußten.

Das bedeutete in der Regel: Eine LP für 25 Mark zusätzlich durch eine CD für 32 Mark zu ersetzen. Jetzt wo sogar das Kopieren und Sichern von CD's unterbunden ist (sofern kopiergeschützt) heißt es nach 10 Jahre obendrein: die kaputte CD für 32 Mark damals (sofern überhaupt noch lieferbar) durch eine neue für 25 Euro ersetzen ...

Der Unterschied damals zu heute: damals hat sich keiner für eine Novellierung des Urheberrechtes ausgesprochen, um die Investitionen der Verbraucher zu schützen.

Andere Links zum Thema Urheberrechtsnovelle auf dieser Seite:
Letzte Aktualisierung ( Saturday, 24 July 2004 )
 
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