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Wort der deutschen Bischöfe zur Bundestagswahl
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Geschrieben von Joseph Kardinal Höffner   
Wednesday, 17 September 1980

Wort der deutschen Bischöfe zur Bundestagswahl 1980

25. August 1980

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Herausgeber: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz Kaiserstraße 163, 5300 Bonn 1

Brüder und Schwestern im Herrn!

Am 5. Oktober wird der 9. Deutsche Bundestag gewählt. Jede Wahl ist nicht nur ein politischer Vorgang, sondern zugleich eine sittliche Entscheidung darüber, welche Werte und Ziele die Politik in den kommenden Jahren bestimmen und tragen. Dazu wollen wir Bischöfe heute ein Wort sagen.

Der Christ wird bei seiner Wahlentscheidung bedenken, was die Gebote Gottes in der Politik fordern. Sie betreffen ja nicht nur das Leben des einzelnen Menschen, sie sind zugleich Richtschnur für das öffentliche Leben. Die Gebote Gottes sind das Fundament jeder wahren Humanität. Sie begründen die unbedingte Achtung vor dem Menschen als Person und als Träger unantastbarer Rechte und Pflichten. Die Gebote Gottes fordern Gerechtigkeit und Liebe im gesellschaftlichen und politischen Zusammenleben und verpflichten zum Dienst am Frieden.

Vier Gesichtspunkte seien eigens hervorgehoben:

Erstens: Eine Politik, die nicht einer Ideologie, einem Prestigeoder Machtdenken dient, sondern Gottes Gebot folgen will, muß die Würde jedes Menschen und seine Rechte achten und fördern. Unser Grundgesetz bekennt sich zu diesem Maßstab. Wir dürfen dankbar anerkennen, daß in den zurückliegenden dreißig Jahren vieles geschaffen wurde, was soziale Notstände beseitigte, Ungerechtigkeiten abbaute und die Enffaltungsmöglichkeiten der Bürger erweiterte. Um so schmerzlicher ist es, feststellen zu müssen, daß Menschen in unserer Gesellschaft vielen ungeborenen Kindem das Recht auf Leben verweigern und daß unsere Rechtsordnung dieses Grundrecht nicht mehr umfassend schützt. Wir dürfen uns über die Folgen einer solchen Entwicklung nicht hinwegtäuschen: Die Aushöhlung des Grundrechts auf Leben untergräbt auch die Grundwerte der Gerechtigkeit und der Solidarität. Sie zerstört die Liebe und gefährdet den Frieden.

Zweitens: Ein Volk verliert die Hoffnung auf Zukunft, wenn die Werte von Ehe und Familie nicht mehr erkannt, geschützt und auch nicht mehr vorgelebt werden. Gesetze, die die Ehescheidung begünstigen und den auf Lebenszeit geschlossenen Bund aushöhlen, zerstören die Ehe. Gesetze, die von der falschen Annahme ausgehen, die Mehrzahl unserer Familien sei zerrüttet und deshalb müsse immer mehr der Staat die Familie ersetzen oder in sie hineinregieren, solche Gesetze tragen nicht dazu bei, personale Freiheit und Verantwortung zu stärken. Sie schwächen die Familie. Familienpolitik darf kein Lippenbekenntnis bleiben. So sehr die Erhöhung des Kindergeldes zu begrüßen ist, so wenig kann sie eine Politik ersetzen, die der Familie den ihr gebührenden hohen Rang zuerkennt. Darum aber geht es, daß die wichtige Rolle der Familie für die Gesellschaft geistig, rechtlich und materiell gestärkt wird.

Drittens: Notwendig ist auch eine Politik, die das Gemeinwohl gegen ausufernde Privat- und Gruppeninteressen durchsetzt und zugleich die Grenzen der Zuständigkeit des Staates achtet. Seit Jahren stehen wir in der Bundesrepublik Deutschland in der Gefahr, über unsere Verhältnisse zu leben und damit die Lebenschancen unserer Kinder zu belasten. Die Ausweitung der Staatstätigkeit, die damit verbundene Biirokratisierung und die gefährlich hohe Staatsverschuldung müssen jetzt komgiert werden. Es ist ein Trugschluß zu meinen, der Staat könne alles, und insbesondere, er könne alles besser machen. Der Staat ist dem Gemeinwohl, also der Sicherung und der Förderung des friedlichen Zusammenlebens der Bürger, verpflichtet. Dieser Verpflichtung wird er am besten gerecht, wenn er die Initiative, die Anstrengung und die persönliche Verantwortung der einzelnen und der Gruppen herausfordert und stärkt.

Viertens: Die vornehmste Aufgabe der Politik ist die Sicherung des Friedens. Die schweren Konflikte und kriegerischen Auseinandersetzungen, die in nicht wenigen Teilen der Welt ausgebrochen sind und so vielen Menschen schreckliches Leid zufügen, gefährden den Frieden. Sie gehen auch uns an. Wahrer Friede ist Friede in Freiheit. Wie der Friede in Freiheit erhalten, gesichert, beziehungsweise wiedergewonnen werden kann, darüber gehen die Auffassungen auseinander. Darum muß in der Politik gerungen werden. Den Weg zum dauerhaften Frieden geht nur, wer - innerhalb des Staates und der Völkergemeinschaft - sich an der Menschenwürde, an der Freiheit und an der Gerechtigkeit für alle ausrichtet.

Die demokratischen Parteien in unserem Land wissen sich seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland dem Frieden als dem obersten Ziel der Politik verpflichtet. Dieses gemeinsame Fundament unserer Demokratie darf nicht verspielt werden. Keine demokratische Partei sollte der anderen den Willen zum Frieden oder die Fähigkeit, ihm in Politik und Diplomatie zu dienen, absprechen.

Alle Bürger stehen bei der Wahl vor einer Gewissensentscheidung. Nichtwählen ist in der Regel eher ein Zeichen der Flucht vor der Verantwortung, entweder, weil man sich nicht festlegen möchte, oder, weil man eine ideale Alternative ohne Fehl und Tadel sucht, die es auf dieser Welt nicht gibt. Der Frage, wie wir unserer Verantwortung gerecht werden für eine Lebensordnung, die nach Gottes Willen dem Menschen dient, müssen wir uns stellen.

Würzburg-Himmelspforten, 25. August 1980

Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Joseph Höffner, zur Diskussion um das Wort der deutschen Bischöfe zur Bundestagswahl 1980

Das Wort der deutschen Bischöfe zur Bundestagswahl 1980 ist nach seiner vorzeitigen Veröffentlichung lebhaft diskutiert, begrüßt und kritisiert worden. Ich komme gern verschiedenen Anfragen nach, dazu meine Auffassung zu sagen. Wir deutschen Bischöfe bekennen uns mit diesem Hirtenwort zur katholischen Soziallehre. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil „gehören Lehre und Wirksamkeit der Kirche im sozialen Bereich zu den Lebensäußerungen der Kirche". Nach Johannes XXIII. ist die katholische Soziallehre „ein integrierender Bestandteil der christlichen Lehre vom Menschen" (Enzyklika ,,Mater et Magistra").

2.

Die katholische Soziallehre läßt sich nicht, wie in den letzten Tagen irrtümlich behauptet worden ist, auf das einschränken, was im Alten und im Neuen Testament steht. Sie muß sich heute Aufgaben stellen, die Folgen moderner Entwicklungen sind. Die deutschen Bischöfe haben in den vergangenen Jahren in zahlreichen Hirtenbriefen, Verlautbarungen und Stellungnahmen aus dem Geist der katholischen Soziallehre immer wieder zu solchen drängenden Fragen unserer Gegenwart und Zukunft ihre Meinung gesagt.

Der jetzt von einigen Seiten scharf kritisierte Hirtenbrief zur Bundestagswahl beschränkt sich bewußt auf eine Auswahl jener Grundsätze, die uns im Rückblick auf die vergangene und im Ausblick auf die künftige Legislaturperiode des Deutschen Bundestages als besonders aktuell und für die Zukunft unseres Volkes als besonders wichtig erscheinen. Keine Seite kann uns vorschreiben, welche Auswahl wir dabei treffen.

Mit besonderer Schärfe wurde jener Satz in unserem Schreiben angegriffen, in dem das Wort „Staatsverschuldung" steht. In der Erregung darüber wurde der Zusammenhang nicht beachtet, in dem dieses Wort enthalten ist. Ich zitiere diesen Zusammenhang: ,,Seit Jahren stehen wir in der Bundesrepublik Deutschland in der Gefahr, über unsere Verhältnisse zu leben und damit die Lebenschancen unserer Kinder zu belasten. Die Ausweitung der Staatstätigkeit, die damit verbundene Bürokratisierung und die gefährlich hohe Staatsverschuldung müssen jetzt korrigiert werden. Es ist ein Trugschluß zu meinen, der Staat könne alles, und insbesondere, er könne alles besser machen.''

Diese Aussage zieht lediglich die Folgerung aus dem Grundsatz der Subsidiarität, der ein Eckpfeiler der katholischen Soziallehre und die Grundlage einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung ist. Es „verstößt gegen die Gerechtigkeit, das was die kleinen Gemeinwesen aus eigener Kraft leisten können, der Gesamtgesellschaft zu übertragen" (Enzyklika ,,Quadragesima anno").

Papst Johannes XXIII. hat in ,,Mater et Magistra" dazu gesagt, „daß der Staat mehr und mehr in Bereiche eindringt, die zum persönlichsten des Menschen gehören und darum von höchster Bedeutung, aber auch ernsten Gefährdungen ausgesetzt sind". Eine ,,gefährlich hohe Staatsverschuldung" aber ist ein Anzeichen dafür, daß die Subsidiarität nicht mehr als Prinzip geachtet wird. Zudem belastet sie gefährlich die Zukunftschancen der kommenden Generation. Wenn wir hier unsere Bedenken anmelden, dann geht es uns um die Grundlagen unserer Gesellschaft.

5.

In einigen Stellungnahmen wird kritisiert, daß das Bischofswort nicht auch andere aktuelle Themen behandelt. Offenbar haben manche Kritiker neben dem sie reizenden Wort „Staatsverschuldung" Schwerpunkte wie die Achtung der Menschenwürde, das Recht der ungeborenen Kinder auf Leben, die Werte von Ehe und Familie, die Sicherung des Friedens, völlig übersehen. Aber davon abgesehen: Dieses Hirtenwort wollte und konnte nicht alle Aussagen wiederholen, die von den Bischöfen etwa zu Q 218, zur Euthanasie, zum Terrorismus, zur Entwicklungshilfe, zur Sozialhilfe schon gemacht worden sind. Es konzentriert sich bewußt auf besonders aktuelle Themen. Daß wir andere Aufgaben nicht vergessen, zeigt sich darin, daß die Deutsche Bischofskonferenz in der kommenden Woche eine Erklärung zur Umweltproblematik abgeben wird und daß heute die Bischöfliche Kommission für die Weltkirche zu einem wichtigen Aspekt der Ausländerfrage konkret Stellung genommen hat.

Ich verwahre mich gegen die Unterstellung, die Bischöfe hätten in ihrem Schreiben die Wahlparolen einer Partei übernommen. Unsere Aussage zur Wahl entspricht den Grundsätzen der katholischen Soziallehre. Es liegt in der Entscheidung der Parteien, ob ihre Programme diesen Grundsätzen zustimmen oder diese Grundsätze ablehnen.

Es ist unsere erklärte Absicht, mit unserem Wort zum inneren Frieden in unserem Land zu mahnen. Aus diesem Grund haben wir folgenden Satz geschrieben: „Keine demokratische Partei sollte der anderen den Willen zum Frieden oder die Fähigkeit, ihm in Politik und Diplomatie zu dienen, absprechen." Die Tatsache, daß diese Aussage von manchen als eine einseitige Parteinahme verstanden wird, zeigt den Tiefstand der politischen Kultur in unserem Land und gleichzeitig die Notwendigkeit unserer Mahnung.

Das Hirtenwort wird wie beschlossen in den Gottesdiensten der katholischen Kirchengemeinden am kommenden Samstag und Sonntag verlesen und allen interessierten Bürgern zugänglich gemacht.

18. September 1980

Joseph Kardinal Höffner

Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

 
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