Immer wieder wird darüber diskutiert, ob LINUX, nach den unbestrittenen Vorteilen im Bereich der Internet Server, auch für die Arbeitsplätze von Anwendern in Frage kommen kann.
In letzter Zeit sind in dieser Richtung einige Anstrengungen unternommen worden und mit dem Erscheinen von LINUX Open Desktop und den neuen Versionen der Oberflächen KDE und Gnome behauptet die Open Source Gemeinde, daß jeder Anwender der Welt problemfrei unter Linux arbeiten kann.
Formelheinz hat mit einem Anwender geprochen und Ihn bzgl. seiner Erfahrungen befragt. Herr J. Heinz setzt seinen Rechner für Routineaufgaben wie Homebanking und Textverarbeitung ein. Seit ca. 9 Jahren hat Herr Heinz Erfahrungen mit PC ausschließlich mit Produkten der Fa. Microsoft gesammelt.
Formelheinz: Sehr geehrter Herr Heinz, wie sieht Ihr System heute aus.
J. Heinz: Da Fragen Sie was. Genau kann ich Ihnen das gar nicht sagen. Ich bin eigentlich ein purer Benutzer, was in der Kiste arbeitet, das weiß ich nicht so genau. Gekauft habe ich meinen Rechner vor vier Jahren. Nach Aussage des Verkäufers war der Rechner zu diesem Zeitpunkt Stand der Technik.
Formelheinz: Was haben Sie denn damals für Software benutzt.
J. Heinz: Das war zunächst ein Problem. Ich habe den Rechner gekauft und dann hat sich herausgestellt, daß keine Lizenz für die Programme mit dabei war.
Formelheinz: Welche Programme?
J. Heinz: Ich denke für Windows und die Textverarbeitung. Ich habe dann bei dem Hersteller (Microsoft - Anm. d. Verf.) angefragt, ob ich nicht einfach die Programme von meinem alten Rechner kopieren darf. Der Hersteller hat auf meine Schreiben aber nicht geantwortet. Beim Händler wurde mir gesagt, daß ich die Programme (zuvor erworbene OEM Lizenzen für Windows 95 und Word 95) wohl verwenden könnte, wenn ich den alten Rechner ganz stillegte. Da es sich aber um eine alte Version handelte, wäre es in jedem Falle besser, ein aktuelles Programm zu kaufen, da wäre dann auch Hilfestellung im Falle von Problemen dabei. Ich habe dann ein Paket Windows 98 für 199,- DM gekauft.
Formelheinz: Hat es dann Probleme gegeben?
J. Heinz: Ich kann mit meinem Rechner sehr gut umgehen. Wenn Probleme auftreten, dann normalerweise nur, wenn etwas geändert wird. Hier war der Rechner völlig leer, d. h. kein einziges Programm war darauf. Ich habe dann versucht, die CD aus dem neuen Paket zu laden. Leider war das nicht so einfach. Es hat nicht funktioniert.
Formelheinz: Wie sah es denn mit der Hilfestellung aus.
J. Heinz: Schlicht und einfach: es gab keine. Vom Hersteller wurde ich auf die Hilfe im Internet verwiesen, die ich aber ohnr Rechner nicht nutzen konnte, der Händler ließ mich wissen, daß nur im Falle einer Installation bei Kauf (Vorinstallation, Anm. d. Verf.) Hilfestellung gegeben würde.
Formelheinz: Konnten Sie den Rechner dann alleine einrichten?
J. Heinz: Nein, leider nicht, ich habe es zwar probiert, aber die Installation hat immer nach einer Installationsquelle für Treiber für Hardwarekomponenten gefragt. Keiner konnte mir da weiterhelfen, bei Microsoft wurde ich darauf verwiesen, daß Endkunden bei Hardwareproblemen immer mit dem Hersteller sprechen müssten. Ein Freund meiner Tochter hat mir dann geholfen. Der Rechner hat bis dahin eigentlich ungenutzt bei mir im Arbeitszimmer gestanden.
Formelheinz: Sind nach der Installation noch Probleme aufgetreten.
J. Heinz: Nein.
Formelheinz: Also auch keine Programm-Abstürze oder plötzlicher Halt von Windows?
J. Heinz: Das natürlich schon, aber da hat mir jeder bisher gesagt, daß das völlig normal sei und bei jedem System auftritt.
Formelheinz: Sie haben jetzt auf Linux gewechselt, was war der Grund?
J. Heinz: Als der Speicher (Festplatte, Anm. d. Verfassers) zu klein wurde, habe ich im Fachhandel nach einer Erweiterung gefragt. Da wurde mir dann gesagt, daß sich der Speicher nicht erweitern ließe, da mein Programm unter einem Buchstaben (Partition, Anm. d. Verf.) nur eine bestimmte Menge Speicher benutzen kann. Mir wurde dann der Umstieg auf ein neues Windows Programm empfohlen (Windows XP, Anm. d. Verfassers). Dieses Programm sollte 189,-€ kosten und der Händler konnte nicht sagen, ob dieses Programm (Windows XP, Anm. d. Verfassers) dann auch auf meinem Rechner verwendbar sei. Ich habe dann beim Hersteller angerufen, der aber Anrufe von Endkunden gar nicht mehr entgegennimmt.
Formelheinz: Wie sind Sie dann auf Linux gekommen.
J. Heinz: Mein Sohn hat bei einem Besuch eine Linux CD mitgebracht (Knoppix, Anm. d. Verf.), die konnten wir sofort laden. Dabei hat sich auch herausgestellt, daß ich eigentlich noch genügend Speicher habe (Anm. d. Verf. auf der Festplatte waren zusätzlich zur 2 GB Win98 Partition noch 6 GB unpartitionierter Bereich!).
Formelheinz: Und was haben Sie dann installiert?
J. Heinz: Eigentlich hätten wir Linux sofort auf meinen Rechner laden können, aber ich bin da etwas vorsichtig. Bei dem alten Windows Programm habe ich schon zu oft wichtige Daten verloren.
Formelheinz: Verloren?
J. Heinz: Es geht doch immer mal wieder was kaputt (Festplattenfehler, Anm. d. Verfassers) und dann sind da auch diese Viren.
Formelheinz: Wie sind Sie dann in Punkto Linux weiter vorgegangen.
J. Heinz: Ich habe ein Paket über den Buchhandel bestellt. Der Buchhändler war hier auch viel freundlicher und kompetenter als die Computerverkäufer vorher. Er hat mir erklärt, daß es bei dem Suse Programm drei Monate Installationsunterstützung via Telefon gibt. Da war ich natürlich skeptisch, weil ich vorher ja wirklich niemals auch nur einen Deut von Unterstützung erhalten hatte. Ich habe dann ein Paket von SUSE für 129,- € gekauft, weil das auch Programme für Homebanking enthalten hat.
Formelheinz: Welche Erfahrungen haben Sie dann während der Installation gemacht?
J. Heinz: Im Gegensatz zu dem Windows Programm vorher konnte ich die Installation selbst durchführen. Im wesentlichen mußte ich nur einige Male bestätigen. Was mich sehr überrascht hat: Bei dem Programm war auch ein Buch enthalten. Ich habe immer gedacht, daß Programme separat von den notwendigen Handbüchern verkauft werden, weil bei den Programmen die ich vorher gekauft habe (Microsoft Software, Anm. d. Verf.) immer nur ein kleines Heft mit Strafandrohungen beigelegt war.
Formelheinz: Und die eigentliche Installation.
J. Heinz: Das Buch ist sehr gut geschrieben, ich habe es aber nur zweimal benutzt. Auch der Herr am Telefon hat mir sehr kompetent und freundlich erklärt, was ich zu tun habe, als ich an einer Stelle nicht wußte, was ich am Bildschirm auszuwählen habe. Das war für die Installation meines neuen Tchibo Fotoapparates, der hat so ein merkwürdiges Kabel (USB, Anm. d. Verf.). In weniger als einer Stunde hatte ich alles auf den Rechner geladen.
Formelheinz: Hat denn alles funktioniert?
J. Heinz: Ja sofort. Was mich sehr überrascht hat: ich habe den Eindruck einen neuen Rechner gekauft zu haben, weil ich nicht nur viel mehr Speicher habe als vorher (Festplatte wurde korrekt partitioniert, Anm. d. Verf.), sonder es geht auch alles viel schneller.
Formelheinz: Hat sich denn sonst viel verändert.
J. Heinz: Das kann ich nicht so genau sagen. Natürlich sind einige Bilder jetzt anders, aber ich benutze den Rechner eigentlich immer noch so wie vorher.
Formelheinz: Und Umstellungsschwierigkeiten bei der Benutzung, z. B. wenn Sie Texte eingeben?
J. Heinz: Davon habe ich nichts bemerkt. Alles funktioniert doch genauso wie vorher. Ich verwende ja auch noch das gleiche Programm wie vorher um Texte zu schreiben (Microsoft Word 95, Anm. d. Verf.). Das alte Programm ist einfach beibehalten worden, auch weil ich dieses Programm für Texte ja gekauft hatte! (via Codeweaver, Anm. d. Verf.)
Formelheinz: Sind Ihnen denn eigene Texte oder Daten verloren gegangen.
J. Heinz: Davon habe ich nichts gemerkt. Sehr angenehm für mich ist auch, daß ich den Rechner nicht mehr alle zwei Stunden neu starten muß.
Formelheinz: Neu starten?
J. Heinz: Ja mit dem Windows Programm vorher gab es nach ca. zwei Stunden immer häufiger werdende Fehlermeldungen, die konnte man nur dadurch abstellen, daß ich den Rechner abschaltete und wieder einschaltete.
Formelheinz: Und der Gesamteindruck Ihres jetzigen Systems.
J. Heinz: Also über die Technik kann ich nichts sagen. Ich arbeite eigentlich genau wie vorher. Wenn ich dieses Mal die Installation nicht selbst durchgeführt hätte, könnte ich Ihnen jetzt nicht einmal sagen, welches Programm ich benutze. Was ich sagen kann ist, daß ich meine Arbeit heute problemlos tun kann. Was schön ist, sind die vielen kleinen Unschönheiten, mit denen ich jetzt nicht mehr zu kämpfen habe.
Formelheinz: Wie lange ist das neue System jetzt bei Ihnen im Einsatz?
J. Heinz: Das läuft alles jetzt seit zwei Monaten.
Formelheinz: Wie steht es mit Viren, Abstürzen oder Datenverlust?
J. Heinz: Das sind ja gerade diese Unschönheiten, die es jetzt nicht mehr gibt. Eigentlich ist alles jetzt so, wie ich es ursprünglich erwartet hatte: Rechner einschalten, arbeiten, Rechner ausschalten. Nur daß ich mich an den ganzen Rest schon gewöhnt hatte. Es ist ja auch so, daß alle bisher gesagt haben, daß die Unschönheiten normal seien - vom Händler über den Hersteller bis hin zu den Kollegen und Bekannten. Daß man da leicht bis zu der Hälfte der Arbeitszeit mit Computerproblemen verbringt gilt als normal. Daher finde ich schön, daß ich das jetzt nicht mehr mitmachen muß.
Formelheinz: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit Ihrem LINUX System. |