Die Renten - ein großes Thema, und Alle sind berührt. Ob herkömmliche Rentenversicherung oder private Vorsorge, die Frage ist dieselbe: wird es reichen und den Lebensstandard eingermaßen sichern?
Was bei der herkömmlichen Rente zurecht hinterfragt wird, scheint bei privater oder halbprivater Vorsorge, zu der ich die Riester-Rente zählen möchte, kaum ein Thema zu sein, jedenfalls kein in größerem Umfang öffentlich besprochenes. Ist es das Phänomen, daß man bei Geld und Ausgaben stets Obacht gibt, nur wenn es an die Wertpapierbörse geht dann fallen sämtliche Vorsichtsmaßregeln? Genau darauf möchte ich hinaus. Die "Sicherheiten" bei privater Vorsorge lauten in etwa, daß lediglich der nominell einbezahlte Betrag garantiert wird, wobei der Inflationsverlust unberücksichtigt bleibt.
Nicht gerade berauschend. Ich möchte gerne erläutern, warum diese Garantie gar nicht so sehr sinnlos tief angesetzt ist. Man darf sich sicher nicht von den exorbitant nach oben gehenden Aktienkursen Mitte der 1990-er irritieren lassen und daraus folgern, daß die private Vorsorge mit ähnlichem Schwung wachsen würde. Die Bauchlandung der Kurse konnte man letztes Jahr erleben.
Langfristig ist es mit Sicherheit unrealistisch von Zocker-Werten auszugehen, und man wird sich auf dem nüchternen Boden der Tatsachen treffen, wo die tatsächlich von der Wirtschaft zu ERÜBRIGENDEN Werte, sprich Dividenden (und nichts Anderes) eine Rolle spielen. Warum der durchaus schon zockerbereinigte Wertzuwachs der Unternehmen trotz dieser Bereinigung ein heikles Thema ist, will ich anhand einer kleinen Rechnung erläutern.
Geht man, um eine konkrete Zahl zu haben, davon aus, daß ein jährlicher "Zins"-Zuwachs der privaten Vorsorgekonten von 3% eine akzeptable Größe wäre, so ist zu berücksichtigen, daß diese Marge über ein ganzes Arbeitsleben hinweg plus Rentenjahre stabil bleiben muß. Ja sogar länger, denn jemand der in 10 oder 20 Jahren in das Arbeitsleben und Rentenvorsorge einsteigt, beansprucht eine ebenso lange Stabilität der Zuwächse. Das bedeutet nichts Geringeres, als daß das Steigerungsmodell über Stecken von 40, 50, 60, vielleicht 80 Jahren - im Grunde unbegrenzt! - funktionieren muß. Das heißt für eine Strecke über angenommene 80 Jahre und konsequenter durchschnittlicher 3%-iger jährlicher Steigerung jeweils bezogen auf das Vorjahr, was nach dem Zinseszinsmodell zu rechnen ist, ein Wirtschaftswachstum innerhalb dieser 80 Jahre von 1,03 hoch 80 = 10,64 was etwas mehr als einer Verzehnfachung(!!) des Werts der Wirtschaft bedeuten würde. Sage und schreibe 10 mal so viel Konsum oder Dienstleistungen wie heute! Das ist schon für sich allein eine Wucht, die angesichts des an sich selbst verantwortlich zu stellenden gesellschaftlichen Auftrages der ökologischen Schonung noch utopischer erscheint.
Hinzu kommt noch, daß man in der mitteleuropäischen Geschichte lange zurückblättern müssen, falls man überhaupt eine Zeitspanne findet, in der über so lange Strecken keine einschneidenden Umwälzungen stattfanden, die mit Änderungen von (Staats-) Grenzen und Zugehörigkeiten einhergingen, politische, in die Sozialphilosopie der Gesellschaft eingreifende Umwälzungen, Währungsreformen, Zusammenbrüche der Wirtschaft und der Börsen.
Das bedeutet schlichtweg, daß die "Wertsteigerungen" der Wirtschaft über lange Strecken nie und nimmer das Fundament sein können, auf dem sich halbwegs zuverlässige Renten gründen ließen. Was bleibt, sind die jeweils aktuell anfallenden Gewinne, woraus die Dividenden resultieren.
Nun möchte ich noch auf das Prinzip und einen anderen Fallstrick der Überlegung kommen. So dumm sieht es auf den ersten Blick gar nicht aus. Anstatt die Rente an den Faktor Arbeitslohn zu koppeln, wird sie an den wirtschaftlichen Erfolg geknüpft und die Arbeit wird entlastet. Dies kommt mir auf den zweiten Blick ein wenig so vor, als komme der Strom aus der Steckdose. Soll tatsächlich eine gleichwertige(!) Rente daraus fließen, was eine flächendeckende Angelegenheit ist, so kann es der Wirtschaft ziemlich gleichgültig sein, ob sie die Auszahlung in Form von Arbeitslohn+Rentenbeitrag leistet oder in Form von (dann unverzichtbarer) Gewinnausschüttung. Das Einzige, was ich als Vorteil sehe, ist der Umstand, daß die Zahlung eben an die Gewinn gekoppelt ist, was eine "Rationalisierungsflucht" aus dem Rentensystem nicht zuläßt (sieht man von der Fluchtmöglichkeit der Gewinne bei international operierenden Unternehmen ins Ausland ab, was ebenfalls gelöst werden müßte).
Trotzdem wird dieses Rentenmodell eine herbe Enttäuschung werden, wenn klar wird, daß das Ergebnis nicht den optimistischen Rechenmodellen entsprechen wird, die oft von einer jährlichen "Zins"-Rate der Vorsorge in Größenordnungen von 10 Prozent ausgehen. 10% pro Jahr bedeutet nach dem Zinseszinsmodell in 80 Jahren mehr als eine Verzweitausendfachung der Wirtschaft(!), was das Utopische an der Sache mehr als deutlich gemacht haben dürfte. Wer mit diesen Vorstellungen seine private Rentenvorsorge angeht, wird eines Tages ein schreckliches Erwachen erleben angesichts seiner gewaltigen Unterversicherung. ^
Es wäre zu schön um wahr zu sein, wenn die Nachteile der herkömmlichen Rentenversicherung, die aus heutiger Sicht ebenfalls eine Unterversicherung bedeuten, durch die Privatisierung vom Tisch geblasen werden könnten. Es ist irgendwie immer derselbe große Topf aus dem es kommen muß - die erwitschafteten Gewinne eben.
Man kann es drehen und wenden wie man will, als Konsequenz aus diesen Überlegungen kann nur die Einsicht kommen, daß die jeweils aktuellen Renten aus dem jeweils aktuellen Aufkommen an Zahlungen stammen kann. Eine Koppelung an den Konsum könnte ebensogut in Frage kommen. Damit landet man bei der Mehrwertsteuer oder anderen Steuern, wozu auch die Ökosteuer gehört. Steuern hätten wenigstens den Vorteil, daß damit gleichzeitig Lenkungsmaßnahmen in gesamtgesellschaftlichem oder gar globalem Interesse vollzogen werden können, welche die einzelnen Unternehmen, die rein profitorientiert arbeiten müssen, nicht angehen würden. Als Alternative zu hohen Lohn- bzw. Gewinnbelastungen, die damit entfallen könnten und dafür dem Konsum zur Verfügung stünden vielleicht gar nicht mal so übel.
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