Mit der jetzt in Kraft tretenden Novelle des deutschen Urheberrechtes ändert sich unser Umgang mit Medien erheblich. Die private Kopie wird de facto abgeschafft und das Kopieren von "mit einem Kopierschutz versehenen" Medien strafbar.
Das heißt, daß ab jetzt das "Überspielen" von Medien, z. B. von einer CD auf eine Audio-Kasette oder eines Films auf eine Videokasette strafbar ist (sofern ein, egal wie wirksamer, technischer Kopierschutz auf dem Medium vorhanden ist). Das gilt aber auch für das Kopieren von Büchern, Bildern, Noten etc.. Besonders relevant ist dies z. B. beim Ausdrucken von in Internet veröffentlichten, urheberrechtlich geschützten Werken.
Da das Kopieren von nun an generell verboten und strafbar ist, darf niemand mehr eine Sicherungskopie seiner Medien anfertigen. Eindeutig eine Ungleichbehandlung der Nutzer, denn auf der einen Seite wird die Kopie auf einen durch den Nutzer beschafften Ton- oder Datenträger mit dem Argument verboten, daß der Nutzer ja nicht eigentlich das z. B. Stück Plastik der CD erworben habe, sondern, das darauf enthaltene Werk, auf der anderen Seite ist dem Nutzer bei Strafe verboten, dieses Werk vor Zerstörung oder Beschädigung zu retten.
Die Industrie ist natürlich auch nicht bereit, die durch die natürliche Alterung bedingten Ausfälle zu ersetzen. Vor 11 Jahre z. B. kaufte ich eine Schatulle mit den 4 Symphonien von Franz Schmidt. Als ich diese CD's jetzt wieder zu Hand nahm, mußte ich feststellen, daß die CD's völlig unbrauchbar geworden waren, da sich die Datenschicht der CD's in Auflösung befand.
Da die Industrie bei der Herstellung von Medien immer stärker spart, und dadurch die Qualität, wie man schon an der Verpackung sehen kann, immer weiter sinkt, ist daher anzunehmen, daß CD's, DVD etc. immer schneller unbrauchbar werden.
Da dem Verbraucher nun das Recht genommen worden ist, auf eigene Rechnung eine Sicherungskopie anzufertigen, auf der anderen Seite allerdings die Industrie von der Verpflichtung freigestellt ist, bei Zerstörung für Ersatz zu sorgen, ist hier eindeutig eine Verschiebung zu Gunsten der Industrie geschehen.
Schwerer wiegt dabei noch: In vielen Fällen könnte die Industrie gar nicht mehr für Ersatz sorgen, da die entsprechenden Werke vergriffen sind und nicht wieder aufgelegt wurden. Wir Verbraucher müssen uns also damit anfreunden, daß Musik, Filme, Kunst etc. die uns heute lieb und teuer geworden sind, in absehbarer Zeit aus unserem Leben verschwinden.
Ein weiterer Meilenstein ist damit gesetzt: Der Übergang von unbefristeten zum befristeten Nutzungsrecht. Bisher haben wir mit dem Kauf eines Mediums eigentlich das Recht erworben, die darauf enthaltenen Werke so oft und so lange zu nutzen, wie wir das wollten. Dieses Recht ist nun eingeschränkt. In Zukunft werden wir Medien wahrscheinlich nur noch für eine Anzahl von Nutzungen (5 mal eine CD anhören, 2 mal eine DVD anschauen) erwerben.
Auf der einen Seite sind jetzt die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen, auf der anderen Seite arbeitet die Industrie an technischen Systemen, diese Art des Verkaufens technisch zu realisieren. Ab jetzt müssen wir uns mit der Idee anfreunden, daß wir nur noch ein Stück Plastik (also eine CD oder DVD) kaufen, das darauf enthaltene Werk aber nur leihen - und für jedes mal anhören oder anschauen erneut eine Leihgebühr zahlen müssen.
Beispiel:
Das Kinderbuch „ Alice im Wunderland“ wurde vom Mathematiker Lewis Carrol geschrieben und ist 1865 erschienen.
In den Nutzungsrechten des vor kurzem erschienen eBooks wird dem Käufer untersagt, Text(passagen) zu kopieren oder zu drucken. Außerdem ist es verboten, das eBook zu verleihen. Der seltsamste Punkt in den Nutzungsrechten ist jedoch, daß es ebenfalls untersagt ist, das Buch laut vorzulesen. Das ist, vor allem für ein Kinderbuch, eine recht seltsame Einschränkung für den Käufer.
Dieser würde sich zudem wundern, wenn er erfüre, daß die Quelle des Herausgebers des eBooks der offene & unentgeltliche Literaturfundus des Projekts Gutenberg ist. Im Projekt Gutenberg werden kostenlos Bücher zum Download angeboten, deren Urheberrecht abgelaufen ist.
Das ist der Fall, wenn der Autor bzw. der Übersetzer mindestens 70 Jahre tot ist. Das bedeutet also, die Rechte des eBook Verlegers beruhen nur darauf, daß er das Buch selbst heruntergeladen und in ein entsprechendes eBook-Format gebracht hat.
Ziel von DRM-Systemen ist es, solche nicht im Werk begründeten Forderungen des Rechte-Inhabers zu etablieren und ein außerhalb des klassischen Urheberrechtes stehendes vom Werk selbständiges Verwerterrecht zu schaffen.
Wie das Beispiel zeigt: durch die jetzt gesetzlich sanktionierten technischen Maßnahmen ist darüber hinaus ein wichtiges Recht unserer Gesellschaft de facto verwirkt: Bisher war jedes Werk 70 Jahre nach dem Tode des Künstlers gemeinfrei, d. h. von jedem Urheberrecht befreit. Durch die nun etablierte Technik ist auch dieses Recht der Gesellschaft an den durch sie selbst hervorgebrachten Kunstwerken verwirkt.
In Zukunft wird es dann nicht mehr heißen, wie heute: "Johann Wolfgang von Goethe war ein deutscher Dichter", sondern für alle Zeit z. B. Franz Peter Zumberger ist ein Künster der Soundso Media AG.
Nur: wenn die Sosundso Media AG will oder selbst untergeht, gehen auch Zumbergers Werke für immer verloren.
Mehr Artikel zum Theme Urheberrecht und Novelle des Urheberrechtes: Privatkopie - Zahlen und Fakten über die die Musikindustrie ungerne spricht Kunst Kultur Zeitgeschichte - wie DRM Allgemeingüter für immer einsiegelt Novelle des Urheberrechtes - Konsument zahle ... für nichts
|