Sie waren unzertrennlich und obendrein anspruchsvoll, die beiden
Sozialhilfeempfänger aus der früheren Sowjetunion, die Ende 1999 der
Stadt Rüsselsheim zugewiesen wurden. Mutter und Sohn wurden als so
genannte Kontingentflüchtlinge wie üblich vom Sozialamt zunächst in
einer Unterkunft für Asylbewerber untergebracht und lebten dort in zwei
kleinen, mit einer Tür verbundenen Zimmern.
Als im Haus zwei
Einzelzimmer frei wurden, eines im ersten, eines im zweiten Stock,
lehnten beide dieses Angebot ab, weil die 59-jährige Mutter darauf
beharrte, mit dem 26-jährigen Sohn gemeinsam auf engstem Raum leben zu
wollen.
Als das Wohnungsamt beiden
wenig später zunächst eine 63 Quadratmeter große Wohnung der
Nassauischen Heimstätte und dann eine 40-Quadratmeter-Wohnung der
Gewobau anbot (die die Sozialhilfe bezahlt hätte), lehnten sie auch
dieses Angebot ab mit der Forderung, man könne nur eine Wohnung mit
Balkon und im Erdgeschoss akzeptieren. Als die Behörde diesen Wunsch
nicht erfüllte und dem Sohn, der als Beruf Lkw-Fahrer angibt, aber sich
bisher jeglicher Arbeit verweigert hat, ein Zimmer in einer
Männer-Unterkunft in Groß Gerau offerierte, empörte sich das Paar.
Beide behaupteten nun, der mit dem Fall befasste Sozialarbeiter sei
bestechlich und würde andere Personen bei der Wohnungszuweisung
bevorzugen.
Das Rechtsamt des Kreises
und der Vermittlungsausschuss wurden mit dem Fall befasst, die
Beschwerde landete schließlich auf dem Tisch des Regierungspräsidenten
in Darmstadt. Ermittlungen wurden aufgenommen, die Staatsanwaltschaft
schaltete sich ein und für den wegen Verleumdung angezeigten
Sozialarbeiter ging zwischenzeitlich eine von 18 Personen
unterschriebene Sympathiebekundung ein.
Gestern war
Gerichtstermin beim Amtsgericht Rüsselsheim, den die Kläger platzen
ließen: Richter, Staatsanwalt und Sozialarbeiter warteten auf sie
vergeblich. Mutter und Sohn erhalten jetzt einen Strafbefehl und wurden
in Abwesenheit zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 15 Euro
verurteilt. Der Sozialarbeiter teilte nach dem Urteilsspruch mit, daß das seltsame Paar inzwischen nach verzogen sei.
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