Hamburg - Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) hat sich in die Debatte um
die multikulturelle Gesellschaft eingeschaltet. Es sei ein Fehler gewesen, zu
Beginn der 60er Jahre Gastarbeiter nach Deutschland zu holen, sagte der 86-Jährige
in einem Interview mit dem "Hamburger Abendblatt". Das Konzept von
Multikulti sei mit einer demokratischen Gesellschaft schwer vereinbar, so
Schmidt. Multikulturelle Gesellschaften funktionierten nur dort, wo es einen
starken Obrigkeitsstaat gebe.
"Gettos auflösen"
Schmidt forderte, "die Gettos in den Großstädten aufzulösen". Sie dürften
von den Behörden nicht noch gefördert werden, nach dem Motto: "Da leben
sowieso schon so viele Türken, dort ist der Wohnraum billig. Also können noch
mehr Türken dazukommen." Die großen Fürsprecher von Multikulti lebten
selbst oft in Villen-Gegenden.
Schmidt gegen EU-Beitritt der Türkei
Schmidt sprach sich in dem Interview auch gegen einen Beitritt der Türkei zur
EU aus. Er sei dagegen, dass "für die inzwischen 70 Millionen Türken
Freizügigkeit nach Europa" hergestellt werde. Selbst wenn Deutschland sein
soziales Netz verringere, bliebe Deutschland für arme Türken aus Anatolien
"ein Wohlfahrtsstaat". "Die Menschen werden kommen und bei der
deutschen Sozialfürsorge um eine Wohnung nachsuchen, um einen Fernseher und ein
Telelefon."
Beifall von der CSU-Landesgruppe
Zustimmung hat Schmidt mit seinen Äußerungen bei CSU-Landesgruppenchef Michael
Glos gefunden. Glos sagte am Mittwoch im Bundestag, ein EU-Beitritt der Türkei
hätte fatale Folgen für Europa und für Deutschland. Es bleibe "unbegreiflich,
weshalb ausgerechnet die Regierung jenes Landes, das bei einem EU-Beitritt der Türkei
die meisten negativen Konsequenzen zu tragen hätte, diejenige ist, die sich am
stärksten für diesen einsetzt". Wie berechtigt die Bedenken seien,
zeigten die jüngsten Äußerungen von Altkanzler Helmut Schmidt
In seinem neuen Buch vertritt der Altbundeskanzler die These, dass der Kampf der
Kulturen eine der ganz großen Gefahren des 21. Jahrhunderts werden könnte.
(ha)
Das vollständige Interview beim Hamburger Abendblatt kann man hier nachlesen (Link aktuell 24. Nov 2004)
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