Das Original dieses Beitrages finden Sie hier! Die Tinte auf dem Gesetz zur
Neuregelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom
13.09.2003 (a.k.a. "Erster Korb") ist noch nicht
getrocknet, da findet man schon den ersten Referentenentwurf
des Gesetzesentwurfs für den sog. "Zweiten
Korb".
Obwohl bereits der
"Erste Korb" einige eher zweifelhafte Neuerungen mit
sich brachte - zumindest wenn man es aus Sicht des allgemeinen
Interesses betrachtet - scheut das Bundesministerium der Justiz
(BMJ) nicht davor zurück, den "Zweiten Korb" im sog. Eckpunkte-Papier
vom 09.09.2004 als gerechten Ausgleich zwischen Kreativen,
Wirtschaft und Verbrauchern zu bezeichnen. Man muss schon
Urheberrechtslobbyist oder Berufspolitiker sein, um dieser
Formulierung etwas abgewinnen zu können.
Die Verwässerung der
Privatkopie (siehe die Anmerkung von RA
Stadler zum "Ersten Korb) wird zementiert und die
vielfach in sich unstimmige Linie des "Ersten Korbs"
fortgesetzt. Während Verbraucherverbände und
Bürgerrechtsgruppen weiterhin darauf hinweisen, dass es die
derzeitige Regelung in nicht interessengerechter Weise gestattet,
die digitale Privatkopie durch technische Schutzmaßnahmen
auszuhebeln, plädieren die "Rechteinhaber" zumeist für
eine vollständige Streichung der Privatkopie. Die Ausgewogenheit
des Referentenentwurfs besteht nun darin, den Weg des geringsten
Widerstandes zu gehen und es bei der jetzigen einseitigen,
unklaren und kaum praktikablen Regelung zu belassen.
Interessanterweise findet
sich im Eckpunkte-Papier nichts zu dem viel diskutierten und von
Urheberrechtslobbyisten oft
geforderten Auskunftsanspruch gegen Internet-Service-Provider,
obwohl einige Gerichte diesen Anspruch bereits nach geltendem
Recht bejahen (siehe z.B. das Urteil des
LG Hamburg v. 07.07.2004). Man hofft hier wohl - wie so häufig - darauf, dass
die Gerichte vorab halbwegs klare Verhältnisse schaffen, um sich
anschließend auf eine "gefestigte" Rechtsprechung
stützen zu können. Vielleicht hat man beim BMJ aber auch anders
als bei manchen Landgerichten bereits erkannt, dass eine solche
Regelung nicht ganz triviale verfassungsrechtliche Fragen aufwirft.
Auch wenn das BMJ von
Ausgewogenheit spricht, erkennt man als neutraler Beobachter
deutlich, dass den Singularinteressen der Rechteinhabern
weitgehend Vorrang vor den Interessen der Allgemeinheit
eingeräumt wird. Es wird zu Recht kritisiert, dass die
Neuregelungen vor allem von wirtschaftlichen Einzelinteressen
geprägt werden und insbesondere auch den Bedürfnissen der Bildung und
Wissenschaft wenig Beachtung geschenkt wird. Das "Memorandum
zur Berücksichtigung der Interessen des Bildungsbereichs bei der
Reform des Urheberrechts" sieht vor allem bei den Fragen
der Verwendung von digitalen Werken und der Nutzung der neuen
Medien im Unterricht Änderungsbedarf.
Das neue Urheberrecht entfernt sich immer weiter
von einer fairen, ausgewogenen Regelung und muss sich deshalb auf
sinkende allgemeine Akzeptanz einstellen.
Das hat wohl auch das BMJ
zumindest ansatzweise erkannt und versucht nunmehr die Akzeptanz
der Neuregelungen zur Privatkopie durch die Werbekampagne "Kopien
brauchen Originale" zu fördern. Dort steht dem
Raubkopierer - verkörpert von Darth Vader - das Original in
Person von Elvis gegenüber. Da kann man nur hoffen, dass das BMJ
für diese plakative Aktion die Urheberrechte geklärt hat.
Thomas Stadler, 01.10.2004
Links zum Thema:
Auskunftsansprüche
gegen Internet-Service-Provider bei Urheberrechtsverletzungen
(eigener Beitrag)
Urheberrecht
in der Wissensgesellschaft (BMJ)
Urheberrecht in der Informationsgesellschaft — Zweiter
Korb (Institut für Urheber- und Medienrecht)
Hänel,
Allerlei in "Korb Zwei" (via JurPC)
Memorandum
für ein praxistaugliches Urheberrecht (Heise-Newsticker)
Das
neue Urheberrecht (Beitrag von RA Stadler zum ersten Korb)
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