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Wahlabend 2005 - eine italienische Nacht
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Geschrieben von Tobias Heinz   
Monday, 19 September 2005
Die Italienische Nacht - Bundestagswahl 2005

Am Abend des 19. Juni 2005, also am abend der Bundestagswahl, stellt sich bei mir ein echtes "italienisches" Gefühl ein. Nicht so sehr, weil wir beim Lieblingsitaliener Pizza bestellt haben und Wein trinken, den wir in den Sommerferien aus Italien mitgebracht haben, sondern wegen dessen, was sich in der Bundespolitik abspielt.

Zunächst hatte ja schon die Art und Weise, wie diese vorzeitigen Wahlen zustandegekommen sind, Züge der Schmierenkomödien, die sich in Italien immer wieder abspielen. Die an der Regierung beteiligten Parteien schworen sich gegenseitig die Treue, trotzdem wurde das Parlament vor Ablauf der (in heutigen Zeiten ohnehin kurzen) Legislaturperiode von 4 Jahren aufgelöst. Während es allerdings in Italien zum allerersten Mal wahrscheinlich erscheint, daß eine Regierung eine Legislaturperiode komplett regieren kann, scheint die vorgezogene Bundestagswahl in Deutschland der Sargnagel für Regierungen zu sein, die 4 Jahre lang regieren.

Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtes haben wir nun ein Recht des Bundeskanzlers zur Auflösung des Parlamentes "durch die Hintertüre" eingeführt - ganz ohne Verfassungsänderung. In Zukunft, so der einstimmige Tenor der Staatsrechtsexperten, wird es für einen Bundeskanzler sehr viel einfacher sein, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Ein Stück der Weimarer Präsidialrepublik kehrt zurück, häufige Neuwahlen werden möglich.

Häufige Neuwahlen, ein typische Kennzeichen des politischen Systems in Italien, destabilisieren eine Demokratie und lähmen die politische Landschaft - so befindet sich die italienische Gesellschaft und die italienische Wirtschaft in einem bereits Jahre andauernden Erosionsprozess, in dem Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Umwelt zunächst langsam, aber mit ständig zunehmender Geschwindikeit zugrunde gerichtet werden können.

Doch mit der durch Hrn. Schröders "destruktiven Misstrauensvotum" verfestigten Möglichkeit zu häufigen Neuwahlen endet die "italienische Nacht" nicht. Das Wahlergebnis ist dramatisch und birgt eine von vielen noch nicht erkannte Sprengkraft. Ein Kennzeichen der stabilien deutschen Demokratie war es, daß es eine Mehrheit im Parlament für politische Themen und Lösungsansätze gab, die es erlaubten, eine stabile Regierung zu bilden. Diese Mehrheit für Themen und Lösungsansätze ist verloren gegangen.

Die Regierungsbildung (und in der Folge die Regierungsführung) wird nicht nur durch das Wahlergebnis an sich schwierig, sondern besonders dadurch, daß es so aussichtslos erscheint, einen genügend breiten Konsens über Lösungsansätze für als wichtig angesehene Themen herzustellen. Doch wenn es nicht gelingt, gemeinsame Themen und konstruktive Lösungsansätze für diese Themen darzustellen und auch durchzusetzen, wird dies die kleinen Parteien, die sich als "Spezialisten" um bestimmte Klientel und deren Anliegen kümmern, stärken - und in folgenden Wahlen die Regierungsbildung immer weiter erschweren. Deutschland hat im Augenblick noch keine Tradition bei Regierungen aus 3, 4, oder mehr Parteien, doch genau dies könnte die Regel werden. Wie in Italien würden wir uns dann in Zukunft öfter mit Gerüchten und Diskussionen über einen bevorstehenden Bruch der Koalition, über Spannungen und Querelen in den viel-parteien Koalitionen befassen, als mit den wichtigen Sachfragen.

Eine italienische Nacht, diese Wahlnacht, doch um sich in einer italienischen Bundesrepublik wohl zu fühlen, fehlt es in Deutschland am guten italienischen Essen, der italienischen Lebensart und dem sonnigen Wetter - also an den Zutaten, die es einem Volk doch etwas leichter machen, mit andauernden politischen Desastern fertig zu werden. Es könnte sein, daß wir hier in Deutschland an einem italienischen Abend zu Bett gehen und am nächsten Morgen in Weimar wieder aufwachen. Dann muß sich Hr. Schröder die Verantwortung für die völlige Zerstörung des Erfolgsmodells "Bundesrepublik Deutschland" als die "Leistung" seiner Kanzlerschaft zurechnen lassen.

Letzte Aktualisierung ( Monday, 19 September 2005 )
 
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