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Offenbacher Helfer rufen um Hilfe: "Bedrohungen sind unser Alltag"
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Geschrieben von Alexander Koffka (Offenbacher Post)   
Tuesday, 12 February 2008

Als Patienten oder Angehörige begegnen einige Araber und Türken den Sanitätern mit Hass

Originalartikel hier: http://www.op-online.de/regionalnews/offenbach/71_263_31363534393732.htm 

Offenbach Für Sabine Pérez Preiß waren die Berichte über die attackierten Retter und Helfer von Ludwigshafen wie eine Befreiung. Endlich sprach jemand, aus, worunter sie selbst und einige ihrer Offenbacher Kollegen seit Jahren leiden. Um die Konflikte nicht zusätzlich zu schüren und aus Angst, sonst als ausländerfeindlich dazustehen, hat die 35-jährige Rettungssanitäterin die Wut über Beleidigungen, Bedrohungen und tätliche Angriffe bislang heruntergeschluckt. Nun sind die Schlagzeilen aus Ludwigshafen das Signal, selbst das Schweigen zu brechen. "Ich bin froh, dass darüber endlich öffentlich gesprochen wird." Denn im Moment ist das Berufsleben für die mit einem Spanier verheiratete Mutter von vier Kindern schlicht unerträglich.

Von Alexander K o f f k a

Offenbach -Ob diesmal einer der Kerle draußen mit einem Messer auf mich wartet? Ob sie ihre Drohungen wahr machen? Solche Fragen schießen Sabine Pérez Preiß durch den Kopf, bevor sie sich abends nach Dienstschluss von der Rettungsleitstelle in der Rhönstraße auf den Heimweg macht. Die wüsten Beschimpfungen und Racheschwüre, die während der Einsätze mit dem Rettungswagen in Offenbach auf die Lebensretterin einprasseln, verfehlen ihre Wirkung nicht. Sie hat regelmäßig Angst, nicht gesund von der Arbeit nach Hause zu Mann und Kindern zu kommen.

Von der Angst, nicht heil vom Dienst nach Hause zu kommen

     "So kann das nicht weitergehen", sagt die 35-Jährige über den Alltag in einem Beruf, den sie mit Freude und Leidenschaft ausübt. Doch regelmäßig, wenn sie zu Hilfseinsätzen in arabische und türkische Familien gerufen wird, fährt die Angst mit. Wenn der Einsatzort in einem der Viertel liegt, wo Armut und Verwahrlosung zu Hause sind, schlägt den Helfern immer häufiger offene Ablehnung entgegen.

"Wenn wir ankommen, haben sich manchmal schon 20 Angehörige und Nachbarn des Patienten zusammen gefunden, die uns bedrängen und beschimpfen", erzählt die Rettungsassistentin. "Die rotten sich zusammen, als wollten sie sich gegen uns verbünden." Mit dem vielstimmig vorgetragenen Vorwurf, es sei seit dem Notruf viel zu viel Zeit bis zur Ankunft des Rettungswagens vergangen, beginnt ein üblicher Einsatz in der östlichen Innenstadt oder im Hochhaus Neusalzer Straße 77.

Doch das sei nur der Anfang, ergänzt Rettungssanitäter Artur Przewloka. Im Gegensatz zu seiner temperamentvollen Kollegin wirkt der gebürtige Pole gleichmütig und gelassen. Doch was er in Offenbach erlebt, lässt auch ihn nicht kalt. Wenn er dem Patienten Fragen stellt, um herauszufinden, was genau ihm fehlt, werde er von hinten angemacht: "Du sollst helfen, nicht fragen."

Seit er vor elf Jahren als Zivildienstleister die ersten Erfahrungen im Rettungsdienst sammelte, hat der 32-Jährige viele solcher Begegnungen erlebt. "Weißt du eigentlich, was du für einen Job machst?", pflegen gewisse Angehörige ihn aggressiv anzufahren, wenn er sich erlaubt, anderer Meinung zu sein als sie. Als Meister der höflichen Untertreibung spricht Artur Przewloka von einem "nicht angemessenen Ton", der ihm und seinen Kollegen gegenüber angeschlagen werde.

Tatsächlich sind es unverblümter Hass und Aggressionen, denen die Helfer ausgesetzt sind. Vor allem, wenn sie sich erdreisten, nicht die Diagnosen und Therapievorschläge der Angehörigen zu übernehmen. Stellen die Sanitäter zum Beispiel bei einem jungen Patienten eine Durchfallerkrankung oder Erkältung fest und fahren ihn nicht zur Klinik, sondern empfehlen Erholung in den eigenen vier Wänden, ist kaum mit dem Einverständnis der aufgebrachten Onkel und Nachbarn zu rechnen. "Ich mach’ dich Krankenhaus!" So lautet eine der üblichen Ankündigungen, wenn die vorgeschlagene Therapie mal wieder nicht auf Wohlwollen stößt. "Ich weiß, wo du arbeitest. Wir warten auf dich." So verabschiedet man sich in diesen Kreisen von den Helfern. Um den Drohungen Nachdruck zu verleihen, lässt man gerne die Schusswaffen aufblitzen, die in Schubladen liegen. "Ob das scharfe oder Schreckschusswaffen sind, kann ich nicht erkennen", sagt Artur Przewloka. Aber sie verfehlen ihre Wirkung nicht. Vor einigen Jahren habe eine empörte Meute in der Hermann-Steinhäuser-Straße nach einem Rettungseinsatz sogar den Wagen demoliert, das Funkgerät herausgerissen und einen Sanitäter verletzt.

Sie sei schon häufiger bespuckt, als "Nazihure" oder "Hitlerbraut" beschimpft und auch tätlich angegriffen worden, berichtet Sabine Pérez Preiß. Gerade läuft ein Ermittlungsverfahren wegen sexueller Nötigung gegen einen Türken, den sie vor einigen Monaten medizinisch versorgte. Er habe ihr mehrfach zwischen die Beine und an die Brust gegriffen. Das ganze spielte sich vor den Augen einer Zivilstreife ab, die den Patienten schließlich mit Handschellen abführte.

Oft schützen Polizisten den Einsatz der bedrohten Sanitäter

Eine Erklärung, warum es immer nur Offenbacher aus bestimmten Kulturkreisen sind, die sich derart daneben benehmen, haben Sabine Pérez Preiß und Artur Przewloka nicht. Die mit einem Spanier verheirate Deutsche mit internationalem Bekanntenkreis und der eingebürgerte Pole sind über den Verdacht der Ausländerfeindlichkeit erhaben. "Wenn einer Hilfe braucht, interessieren mich politische Ansichten, Religion, Herkunft oder sozialer Status überhaupt nicht", versichert Pérez Preiß. Aber sie will ihre Arbeit als Rettungsassistentin machen können, ohne beleidigt oder bedroht zu werden. Sie wünscht sich, dass endlich konsequent gegen die Übergriffe auf Hilfskräfte vorgegangen wird. Bislang sei das Thema tabuisiert worden.

Dabei ist das in den Subkulturen verbreitete Gewalt- und Aggressionspotenzial bekannt. Voller Dankbarkeit erzählt sie, dass bei Notrufen aus bestimmten Quartieren die Kollegen in der Einsatzzentrale routinemäßig gleich auch die Polizei verständigen. Mit den Rettungswagen zusammen rücken dann die Uniformierten an, um die Sanitäter zu schützen.

Letzte Aktualisierung ( Tuesday, 12 February 2008 )
 
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